Patienteninformation
Willkommen
Liebe Patientinnen und Patienten
Liebe Angehörige und Allgemeininteressierte
Wenn eine Erkrankung bei Ihnen oder jemand anderem festgestellt wird, ist es ganz natürlich, dass viele Fragen beantwortet werden möchten. Als Viszeralchirurg ist das Beantworten solcher Fragen, aber auch die Erklärung und Darlegung komplexer Sachverhalte aus dem medizinischen Bereich ein grosser Teil meiner täglichen Aufgabe. Während meinen vielen und manchmal sehr intensiven Aufklärungsgesprächen mit Patientinnen und Patienten über bevorstehende Eingriffe wurde mir ausserdem zunehmend bewusst, wie stark das Informationsbedürfnis von Patientinnen und Patienten tatsächlich ist und wie wichtig es deshalb auch ist, diesem Bedürfnis gerecht zu werden.
Auf den folgenden Seiten werden Sie deshalb Antworten auf die wichtigsten Patientenfragen sowie auf Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten zu ausgewählten Krankheitsbildern erhalten. Wir haben versucht, unsere Krankheitsbeschreibungen so ausführlich wie möglich zu gestalten, dennoch reichen diese für Nichtmediziner nicht immer, um alles auf einmal verstehen zu können. Das persönliche Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt kann und darf niemals durch eine Patientenbroschüre oder durch ein Searching im Internet ersetzt werden.
Für Fragen oder eine Zweitmeinung stehe ich Ihnen jederzeit sehr gerne zur Verfügung.
Ihr Hans U. Baer
Baucherkrankungen
Das persönliche Gespräch
Haben Sie just erfahren, dass Sie an einer abdominellen Erkrankung leiden? Oder betrifft eine solche Erkrankung ein Familienglied, einen festen Freund oder Bekannten? Haben Sie Angst? Sind Sie unsicher und wissen nicht, was alles gegenwärtig getan werden kann oder wie es eigentlich weitergehen soll?
Häufig besteht in der heutigen Informationsgesellschaft die Tendenz, Fragen als erstes über das Internet lösen zu wollen. Das World Wide Web vermag zwar viele Informationen wiederzugeben, vielfach können diese Informationen aber nicht immer richtig erfasst und verstanden werden. Ausserdem betreffen diese Informationen meistens nur die rationale Sachlichkeit; das subjektive Empfinden, das gerade bei Erkrankungen eine grosse Berücksichtigung finden muss, wird oft vernachlässigt. Patienten wie auch deren Angehörige brauchen nicht nur die fachliche Kompetenz eines Arztes, sie brauchen auch seinen menschlichen Rat, seine psychologische Führung und seine seelische Begleitung.
Lieber Webuser, falls bei Ihnen oder bei einem Angehörigen eine abdominelle Erkrankung festgestellt wurde, die Sie sehr beschäftigt, versuchen Sie, Ihre Fragen nicht bloss über das Internet lösen zu wollen. Suchen Sie das persönliche Gespräch mit einem in diesem Gebiet spezialisierten Arzt, der Tag für Tag solche Menschen begleiten darf. Gerne möchten wir Ihnen diese Hilfe anbieten.
Wir stehen Ihnen zu unseren Sprechstundenzeiten sehr gerne zur Verfügung.
Viszeralchirurgie
Abdominal- oder Bauchchirurgie
Die Viszeralchirurgie – auch bekannt als Abdominal- oder Bauchchirurgie – befasst sich im Wesentlichen mit der operativen Behandlung der abdominellen Organe, im speziellen mit Organen des Magen-Darm-Traktes. Folglich gehören die Erkennung, Abklärung, Beratung und chirurgische Behandlung von Erkrankungen der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse, des Magens, der Dünn-, Dick- und Enddärme, der Leber, der Galle und der Milz zum Kerngebiet der Viszeralchirurgie. Ferner wird auch die operative Behandlung der Schilddrüse, der Nebenschilddrüse und des Leistenbruchs (Hernie) diesem Gebiet zugesprochen. Schliesslich erfordert eine viszeralchirurgische Behandlung auch immer die Berücksichtigung gastroenterologischer, endokrinologischer und onkologischer Kriterien.
- Hepatobiliäre Chirurgie (Leber, Gallenblase, Gallenwege)
- Pankreatische Chirurgie (Bauchspeicheldrüse)
- Obere Gastrointestinale Chirurgie (Organe der oberen Bauchhälfte)
- Untere Gastrointestinale Chirurgie (Organe der unteren Bauchhälfte)
- Kolorektale Chirurgie (Dickdarm, Enddarm, Proktologie)
- Endokrine Chirurgie (Schilddrüsen, Nebenschilddrüsen)
- Transplantationschirurgie (Organtransplantationen)
- Onkologische Chirurgie (Tumorresektionen)
Bauchkrankheiten
Bauchkrankheiten und ihre chirurgische Behandlungsmethoden
Baucherkrankungen gehören in der heutigen Zeit zu den am häufigsten diagnostizierten Erkrankungen des Menschen. Bei Abdominalerkrankungen handelt es sich um Erkrankungen der Organe und der organischen Struktur im Bauchraum (Abdomen), die sich in unterschiedlichsten Symptomen zu erkennen geben. Da diese Krankheitszeichen facettenreich und komplex in Erscheinung treten können, erweist sich die Diagnosestellung als nicht immer ganz einfach.
Welches sind die Symptome?
Bei akuten Baucherkrankungen gehören plötzlich stark auftretende, kolikartige Bauchschmerzen zu den häufigsten Symptomen und können von weiteren Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall (Diarrhö), Verstopfung (Obstipation), Fieber, Nachtschweiss oder Blässe begleitet werden. Solche Symptome erfordern eine schnellstmögliche ärztliche Abklärung.
Wie wird die Patientin/der Patient untersucht?
Der jeweils zuständige Haus- oder Facharzt muss die Patientin/den Patienten als erstes über ihre/seine gesamte Krankheitsgeschichte befragen (Anamnese) und anschliessend gründlich untersuchen (Status). Dabei sind auch die Kontrollen von Puls, Blutdruck, Atmung und Körpertemperatur von grosser Wichtigkeit und können Hinweise über Art, Intensität und Ausmass der Erkrankung geben.
Schliesslich können zur endgültigen und eindeutigen Krankheitsbestimmung auch Ultraschall- und Röntgenaufnahmen, Bauchspiegelungen oder umfangreiche Blutuntersuchungen erforderlich sein.
Behandlungsmöglichkeiten
Bei diagnostizierten Abdominalerkrankungen
Zur Behandlung der diagnostizierten Abdominalerkrankungen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen gibt es spezielle Medikamente, die für eine adäquate Behandlung bereits ausreichend sein können. Zum anderen gibt es die chirurgische Behandlung, wobei zwischen einer laparoskopisch (Schlüsselloch) durchgeführten und einer offenen Operation (Laparotomie) unterschieden werden muss.
Die Behandlung solcher Pankreaserkrankungen ist oft mit einer lang anhaltenden konservativen Therapie verbunden und endet manchmal auch mit einer chirurgischen Intervention. Dabei gibt es eine Vielzahl von Operationsmethoden, welche das Drüsenorgan teilweise oder ganz zu entfernen vermögen, wobei heute den organerhaltenden Methoden grundsätzlich den Vorzug gegeben wird. Weiterlesen >
Pankreashilfe
Hilfe für Pankreaserkrankte
Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Selbsthilfegruppe der Pankreaserkrankungen (SSP) und dem Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP)
Immer mehr Menschen leiden heute an einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, die durch gegenwärtig zur Verfügung stehende diagnostische Mittel wie Ultraschall, Computertomographie, Kernspintomographie oder Feinnadelpunktion mit Biopsie diagnostiziert werden kann. Zu den häufigsten Erkrankungen gehören beispielsweise chronische oder akute Entzündungen (Pankreatitis), Bauchspeicheldrüsentumore (Pankreaskarzinome) und pankreatische Zysten.
Die Behandlung solcher Pankreaserkrankungen ist oft mit einer lang anhaltenden konservativen Therapie verbunden und endet manchmal auch mit einer chirurgischen Intervention. Dabei gibt es eine Vielzahl von Operationsmethoden, welche das Drüsenorgan teilweise oder ganz zu entfernen vermögen, wobei heute den organerhaltenden Methoden grundsätzlich den Vorzug gegeben wird.
Operationsmethoden
1. Bei resezierenden Verfahren wird hauptsächlich zwischen folgenden vier Methoden unterschieden:
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a) Totale Pankreatektomie
Bei der totalen Pankreatektomie werden nicht nur die ganze Bauchspeicheldrüse, sondern auch der Zwölffingerdarm, die Gallenblase, oft die Milz und manchmal ein Teil des Magens entfernt.
b) Partielle Duodenopankreatektomie
Bei der partiellen Duodenopankreatektomie spricht man auch von einer Whipple Operation, bei welcher der Bauchspeicheldrüsenkopf, der Zwölffingerdarm, die Galleblase und ein Teil des Magens reseziert werden. Grundsätzlich bevorzugen wir jedoch die pyloruserhaltende Pankreatektomie, bei welcher der Magen erhalten bleibt.
c) Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
Bei der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion wird ausschliesslich das Pankreaskopfgewebe entfernt und anschliessend eine Dünndarmschlinge an die Stelle des ausgeschälten Kopfes zur Ableitung des Pankreassaftes angenäht. Der Zwölffingerdarm bleibt erhalten.
d) Pankreaslinksresektion
Bei der Pankreaslinksresektion wird nicht der Pankreaskopf, sondern der Pankreasschwanz (mit oder ohne Körper) reseziert. Meistens wird dabei auch die Milz entfernt. Der Bauchspeicheldrüsenkopf bleibt erhalten.
2. Neben den resezierenden Operationen gibt es auch die beiden ableitenden Verfahren: Weiterlesen >
a) Latero-laterale Pankreaticojejunostomie nach Pustow
Bei der latero-lateralen Pankreaticojejunostomie nach Pustow wird ein gestauter Pankreasgang in eine Dünndarmschlinge abgeleitet. Damit kann der Schmerz verursachende Druck im gestauten Pankreasgang verhindert und die Schmerzen können bekämpft werden. Bei dieser Operation ist in Ergänzung oft auch eine Resektion von Gewebe aus dem Pankreaskopf nötig, welches den Abfluss des Pankreasganges verhindert.
b) Zysto-Jejunostomie
Bei der Zysto-Jejunostomie werden grosse, chronische Pankreaspseudozysten in den Dünndarm abgeleitet. Insulinome, bei welchen es sich um gutartige Geschwülste in der Bauchspeicheldrüse handelt, können oft im gesunden Gewebe ausgeschält werden, ohne dass nicht-befallenes Gewebe entfernt werden muss.
Anmerkung
Bei allen Operationen handelt es sich um sehr diffizile Interventionen. Sie dürfen nur von sehr erfahrenen Pankreaschirurgen durchgeführt werden. Für die betroffenen Patienten sind solche Operationen potentiell mit starken Schmerzen verbunden, die jedoch heute mit einer Vielzahl von Schmerztherapien behandelt werden können. Dennoch bringen solche grossen Operationen immer auch gesundheitliche Probleme nach der Intervention mit sich, so zum Beispiel Verdauungsstörungen, Diabetes Mellitus oder allgemein körperliche und manchmal auch seelische Probleme. Die Patienten müssen meistens mit medizinischen und/oder onkologischen Therapien leben, was aus psychologischer Sicht nicht immer einfach zu bewältigen ist.
Schweizerischen Selbsthilfegruppe für Pankreaserkrankungen (SSP)
In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Selbsthilfegruppe für Pankreaserkrankungen (SSP) versuchen wir, allen Pankreaserkrankten eine komplette Beratungs- und Behandlungsdienstleistung zur Verfügung zu stellen, welche die betroffenen Patienten vor, während und nach einer chirurgischen Therapie in Anspruch nehmen können. Gemeinsam mit Fachärzten, Psychologen und Betreuern versuchen wir, ein bestmögliches und fürsorgliches Umfeld anbieten zu können.
Arbeitskreis der Pankreatektomierten in Deutschland
Informationen zum Arbeitskreis der Pankreatektomierten in Deutschland finden Sie unter:
ADP e.V. | Arbeitskreis der Pankreatektomierten | Bonn (bauchspeicheldruese-pankreas-selbsthilfe.de
Behandlungsprinzipien
Von Prof. Dr. med. Hans U. Baer
Die vier Behandlungsprinzipien sind das Konzentrat meiner Lebens- und Berufserfahrung. Als Leitgedanken und Handlungsanweisungen zeigen sie sein Verständnis für Menschen, die sich ihm als Patienten anvertrauen.
Ich danke meinen Lehrern Markus W. Büchler, Ordinarius für Chirurgie, Heidelberg und Leslie H. Blumgart, Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, New York sowie, stellvertretend für alle Patienten, Jacky Donatz für sein Statement.
Prof. Dr. med. Hans U. Baer
Mein Patient und ich, sein Arzt.
Prinzip 1: Menschliches Verständnis für die Patienten
Weiterlesen >«Als Meisterkoch stelle ich höchste Ansprüche: an meine Küche, an meine Menus, an meine Weine. Im Mittelpunkt meiner Kochkunst steht mein Gast. An meinen Chirurgen stelle ich die gleichen hohen Ansprüche: an Wissen, an Können, vor allem aber an ein tiefes persönliches Verständnis für mich und meine Krankheit. Er hat meine Erwartungen erfüllt. Ich würde mich in keine anderen Hände begeben. Er hat mein Leben zum besseren verändert.»
Jacky Donatz, Meisterkoch (†)
ehemals Restaurant Sonnenberg, Zürich
Die Chirurgie ist eine ärztliche Kunst, die Erkenntnisse aus allen Gebieten des Wissens verwendet und von welchen bewiesen ist, dass sie bei der Behandlung von kranken Menschen nützlich sind und zur Gesundung beitragen. Die Grundlagen der akademischen Chirurgie bilden exakte wissenschaftliche Resultate und Erkenntnisse aus der gesamten Arbeit der Klinischen- und Grundlagenforschung.
Die besten Resultate für ihre Patienten erreichen Chirurgen, welche sich aktiv an dieser Forschung beteiligen und mit eigenen Fragen, die sich ihnen aus ihrem täglichen Umgang mit Patienten ergeben, Arbeitshypothesen aufstellen und diese nach wissenschaftlichen Kriterien überprüfen. Diese akademisch tätigen Chirurgen haben gelernt, ihre eigenen Erkenntnisse, aber auch die publizierten Resultate der medizinisch-chirurgischen Literatur kritisch zu würdigen und im Zusammenhang der dauernden Entwicklung der Wissenschaften einzuordnen.
Die akademische Chirurgie entwickelt dann ihre volle Durchschlagskraft, wenn die Resultate und die klinische Erfahrung mit Patienten in einer offenen Atmosphäre kritisch ausdiskutiert und hinterfragt werden können. Am nachhaltigsten geschieht dies im täglichen Umgang mit Studenten, Chirurgen und Ärzten in Ausbildung und an speziellen ärztlichen Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen, in Vorträgen und Diskussionen. Kritisches Fragen, Hinterfragen, kreatives Denken auf solider wissenschaftlicher Grundlage geben Anstösse, das Gebiet der Chirurgie weiter zu verbessern und zu entwickeln. Mit dem präziseren und kostengünstigeren Verfahren sollen die chirurgischen Eingriffe den Patienten möglichst schonend einen grossen Nutzen bringen. Ohne wissenschaftliche Erkenntnisse ist eine erfolgreiche chirurgische Tätigkeit nicht möglich.
Prinzip 2: Erprobte und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse
Weiterlesen >«Die Erfolge der modernen akademischen Chirurgie basieren auf der Grundlagenforschung, vor allem auf Erkenntnissen der Molekularbiologie. Komplexe, grosse bauchchirurgische Operationen sollen daher von Chirurgen ausgeführt werden, die auch Forschung betreiben.»
Prof. Markus W. Büchler
Ordinarius für Chirurgie, Heidelberg
Die Chirurgie ist eine ärztliche Kunst, die Erkenntnisse aus allen Gebieten des Wissens verwendet und von welchen bewiesen ist, dass sie bei der Behandlung von kranken Menschen nützlich sind und zur Gesundung beitragen. Die Grundlagen der akademischen Chirurgie bilden exakte wissenschaftliche Resultate und Erkenntnisse aus der gesamten Arbeit der Klinischen- und Grundlagenforschung.
Die besten Resultate für ihre Patienten erreichen Chirurgen, welche sich aktiv an dieser Forschung beteiligen und mit eigenen Fragen, die sich ihnen aus ihrem täglichen Umgang mit Patienten ergeben, Arbeitshypothesen aufstellen und diese nach wissenschaftlichen Kriterien überprüfen. Diese akademisch tätigen Chirurgen haben gelernt, ihre eigenen Erkenntnisse, aber auch die publizierten Resultate der medizinisch¬chirurgischen Literatur kritisch zu würdigen und im Zusammenhang der dauernden Entwicklung der Wissenschaften einzuordnen.
Die akademische Chirurgie entwickelt dann ihre volle Durchschlagskraft, wenn die Resultate und die klinische Erfahrung mit Patienten in einer offenen Atmosphäre kritisch ausdiskutiert und hinterfragt werden können. Am nachhaltigsten geschieht dies im täglichen Umgang mit Studenten, Chirurgen und Ärzten in Ausbildung und an speziellen ärztlichen Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen, in Vorträgen und Diskussionen. Kritisches Fragen, Hinterfragen, kreatives Denken auf solider wissenschaftlicher Grundlage geben Anstösse, das Gebiet der Chirurgie weiter zu verbessern und zu entwickeln. Mit dem präziseren und kostengünstigeren Verfahren sollen die chirurgischen Eingriffe den Patienten möglichst schonend einen grossen Nutzen bringen. Ohne wissenschaftliche Erkenntnisse ist eine erfolgreiche chirurgische Tätigkeit nicht möglich.
Prinzip 3: Herausragende technische Fähigkeiten
Weiterlesen >«Technique is only important until it is perfect – and it has to be perfect. Once perfect, other factors are decisive in achieving surgical success.»
Leslie H. Blumgart,
Professor für Chirurgie
Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, New York
Chirurgie ist zuerst und immer ein Handwerk. Die Hände sind das wichtigste Instrument des Chirurgen. Nur über sie kann er präzise, genau, sorgfältig und schonend arbeiten und für die Patienten gute Resultate, schnelle Heilung von Operationen, ohne Komplikationen erreichen. Alle manuellen Fähigkeiten müssen auch von sehr Begabten zuerst erlernt werden, wie bei jedem anderen Handwerk auch. Wie bei einem Musiker ist die Musik erst schön, leicht und elegant nach langen Jahren des Lernens, der Entwicklung der eigenen Technik und des permanenten Übens.
Die chirurgische Technik ist auch mit der Kunst des Malens vergleichbar. Ein leeres Blatt wird von vielen Strichen, breit, schmal, lang und kurz so lange bedeckt, bis das Auge ein Bild sehen und die Seele es erkennen kann. Die chirurgische Technik kann erst perfektioniert werden, wenn der Chirurg auf vielen Gebieten eine grosse Anzahl von unterschiedlichen Operationen durchgeführt hat und er persönlich die meisten Varianten dieser Operationen intim kennt. Die Organe, ihr Zusammenspiel, ihre Lage sowie die schonendsten Zugänge werden erst im Zusammenhang erkannt, wenn viele verschiedene Operationen erlebt und erarbeitet werden, bis alle Details sich zu einem Ganzen zusammenfügen.
Virtuosität der Technik ist eine Voraussetzung für eine chirurgische Tätigkeit. Sie ist aber nicht Selbstzweck. Die Technik muss perfekt sein. Ist sie aber perfekt, wird sie nebensächlich neben allen anderen Faktoren, die den Erfolg einer Operation bestimmen. Stimmt die Technik, werden die Ankündigung der Operation, das Verständnis für die Leistungsfähigkeit des Körpers des Patienten, was er körperlich und seelisch ertragen mag, entscheidend. Es gibt nichts Schlimmeres in der Chirurgie als seelenlose Techniker. Oft müssen wir Chirurgen uns plagen, absolut konzentriert auf ein kleines Gebiet starren, stundenlang am selben Ort stehen und mit eiserner Disziplin, ohne nachzulassen, arbeiten.
Technische Perfektion ist die Voraussetzung zum Prädikat „guter Chirurg“. Sie ist unabdingbar nötig und muss täglich geübt werden. Bei grossen Eingriffen, die sehr schwierig sein können, besteht die chirurgische Kunst oft darin, sich Rückwege offen zu lassen, auf denen eine Operation ohne unmittelbaren Schaden für den Patienten abgebrochen werden kann. Oder der Experte versteht es, verschiedene Wege der Umgehung von Schwierigkeiten zu finden, operative Probleme an Orten, wo z.B. Blutungen auftreten können, zu umgehen und schliesslich das Ziel trotzdem zu erreichen.
Wie in jeder Kunst gibt es ganz verschiedene Künstler, und nicht jeder Chirurg kann, wenn er ganz ehrlich mit sich selber ist, behaupten, er habe jedes höhere Niveau erreichen können. Auch unter Chirurgen gibt es virtuose Meister mit elegantem Spiel und technischen Feinheiten. Bei bauchchirurgischen Eingriffen wird das leider oft nur von den anwesenden Assistenten erkannt. Für Aussenstehende, die nur die oberflächliche Hautwunde sehen, ist es praktisch unmöglich, die technischen Fähigkeiten eines Chirurgen zu schätzen. Die dauernde Weiterentwicklung, der Vergleich mit anderen operierenden Kollegen, Besuche von anderen, international anerkannten Zentren, ermöglichen dem einzelnen Chirurgen, sich selber ein Bild zu machen, wo er steht und wo er sich weiter technisch verbessern muss.
Wenn die Technik perfekt ist, und das muss sie sein, entscheidet über die sicheren Resultate der Chirurgie letztlich nur noch die richtige Indikation.
Prinzip 4: Richtige Wahl der Indikation
Weiterlesen >«Die für mich und meine Mitarbeiter gültigen, persönlich wichtigen Principles für eine chirurgische Tätigkeit und die Durchführung operativer Eingriffe sind: Menschliches Verständnis für die Patienten, erprobte und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, herausragende technische Fähigkeiten, richtige Wahl der Indikation (Operations-Anzeige).»
Prof. Dr. med. Hans U. Baer
Facharzt FMH für Chirurgie, spez. Viszeralchirurgie
Baermed – Praxis für Viszerale Chirurgie Zürich
Die grösste Kunst in den operativen Fächern der Medizin ist die Fähigkeit, die richtige Art von operativen Eingriffen für jeden Patienten zu finden. Das war früher bei einer eingeschränkten Zahl von Verfahren relativ einfach. Heute aber gibt es auch für relativ einfache Eingriffe, wie für einen Leistenbruch, nicht mehr nur ein Verfahren, sondern eine ganze Reihe von verschiedenen Methoden. Jede hat ihre Vor- und Nachteile, keine ist auch bei perfekter Ausführung hundert Prozent sicher. Es gibt offene, geschlossene, minimal invasive, mit oder ohne Fremdmaterialeinlage erfolgende Eingriffe. Der Chirurg muss sie alle kennen. Er wird sich bei einigen Eingriffen ganz sicher fühlen und die Eingriffe den Patienten empfehlen können. Andere wiederum führt er selber weniger gern oder mit weniger Erfolg durch.
Nachdem die genaue Krankheit erkannt ist, oft nach langen und belastenden Untersuchungen, stellt sich für den Bauchchirurgen die Frage, ob ein Patient operabel ist. Das heisst, ob aufgrund der körperlichen Befunde eine Operation dem Patienten überhaupt zugemutet werden darf. Der zweite Punkt, der zu beurteilen ist, betrifft die Resektabilität. Dies ist die technische Möglichkeit, einen Befund zu operieren. Die Abklärung der Operabilität erfolgt für Herz, Lunge, Nieren, Leberfunktionen und vieles mehr. Diese Untersuchungen werden von inneren Medizinern durchgeführt. Die Beurteilung vor der Operation, ob ein Befund technisch entfernt werden kann, muss oft aufgrund von bildgebenden Verfahren beurteilt werden.
Der Chirurg muss aus zweidimensionalen Abbildungen die genaue Lage von Organen und Organerkrankungen im Körper erkennen und entscheiden, ob er die Operation durchführen kann. Wann darf welchem Patienten welcher Eingriff zugemutet werden? Prinzipiell suchen wir den kleinsten schonendsten Eingriff, der mit dem geringsten Risiko verbunden ist in Bezug auf die körperliche Leistungsfähigkeit des Patienten. Faktoren wie vorangegangene Krankheiten, Organleistungseinschränkungen und manchmal das biologische Alter, oft auch die Einstellung des Patienten, müssen beachtet und sorgfältig abgewogen und beurteilt werden.
Auch das eigene Können, die Erfahrung und Risikobereitschaft sowie das Verantwortungsbewusstsein, die Fähigkeit des Chirurgen ganz allein, oft lebenswichtige Entscheide zu treffen und sie zu tragen, bestimmen die Indikation zu einer Operation. Zeitdruck, oft auch ungenaue oder nur ungenügende Befunde und widersprüchliche Abklärungsresultate, belasten den Chirurgen. Nur zu oft muss er in diesen Situationen entscheiden, ohne je ganz sicher sein zu können. Auch die Indikationsstelle ist deshalb vor allem chirurgisch eine Kunst, die nur mit ganzem Einsatz und jahrelanger Arbeit erlernt werden kann.